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Uraufführung | Eigenproduktion :  Mädchenzimmer mit Soldaten
von Anna Pein Theater

Uraufführung
Das Stück war 2007 zum Heidelberger Stückemarkt nominiert.

Regie: Katrin Schurich
Ausstattung: Stefanie Stuhldreier
Puppenspiel: Karin Bayerle

Es spielen: Sonja Romei, Michael Smulik, Martina Spitzer, Christian Strasser, Doina Weber

„Tote wollen Zuckerbrote!“

Der Vater ist im Krieg.
Die Mutter liebt einen Anderen.
Ihre Mädchen Elfi und Hanne spielen Lazarett. Und die Puppen tanzen.

Ein Kinderzimmer wird zum Ort der Erinnerung und Abrechnung mit dem großen Krieg. Während die Mutter ihren Liebhaber empfängt, der gefürchtete Vater an der Front kämpft, entsteht in der Phantasie der Mädchen ein männlicher Kosmos aus Schmerz, Heimweh, Erotik, Tapferkeit, Trauer und Schuld. Ihr Puppenhaus wird bevölkert von bolschewistischen Spioninnen, französischen Flittchen und deutschen Zauberern. Das Spiel kippt, als die Schwestern den eigenen Vater in ihr Lazarett einliefern...

Anna Pein führt mit Aberwitz und bösem Humor in den Keller und zu den Leichen, die uns nicht schlafen lassen.

Aufführungsrechte: henschel SCHAUSPIEL, Berlin

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KRITIKEN:

Wenn's im Puppenhaus rund geht

Eine überzeugende Uraufführung im Kosmostheater: Mit viel Zuckerbrot und schmerzvollen psychologischen Peitschenhieben entführt Regisseurin Katrin Schurich in die Welt der "Mädchenzimmer mit Soldaten", mit dem die deutsche Autorin Anna Pein ("Meermanns Baumhaus") ihr erstes Theaterstück vorlegt.

Die Mutter (Sonja Romei) wirkt bewusst klein, wenn sie zum Gute-Nacht-Kuss auf das zwei Meter hohe Kinderkrankenbett klettert. Der Invalide Kaminski (Michael Smulik) bleibt über Nacht. "Wenn er ein Auto hat, kann er ja gleich nach Hause fahren", durchschaut die kleine Hanne (Martina Spitzer) sarkastisch die kurzbeinige Notlüge. "Hauptsache Zuckerbrot!" entgegnet spitzbübisch, die rothaarige Elfi (Doina Weber). Und während im Hintergrund der Einbeinige ziemlich komplett wirkt, geht es im Puppenhaus richtig zur Sache.

Anna Pein hinterfragte mit auslotendem Tiefenblick nach Dostojewski-Art, wie Mädchen den Krieg erlebt haben. Katrin Schurich hat die Szenen mit Feingefühl umgesetzt, und was das Schwesternpaar daraus macht, ist umwerfend. Angetrieben von viel Spielwitz funkelt das Kaleidoskop in intensiven Farben: Kabarett, Drama, Psychologie, Zeitgeschichte, alles wird gekonnt hineingepackt, zieht einen aber auch in die Wundertüte dieses Puppenspiels (Puppen: Karin Bayerle) ohne Tabus. Als krönender Abschluss steht dann der richtige Vater (Christian Strasser) draußen vor der Tür! Beißender Witz, der unterhält, aber auch schmerzt.

Rüdiger Rausch, Kronen Zeitung 19.9.2008
Am Ende sind viele Rätsel

Ein Kinderzimmer, zwei Mädchen phantasieren sich in ein Lazarett und spielen mit ihren Puppen die Schicksale von verletzten Soldaten nach. Der gefürchtete Vater ist im Krieg, die Mutter hat einen Liebhaber. So weit die Ausgangssituation in Anna Peins Stück "Mädchenzimmer mit Soldaten", das Mittwochabend im KosmosTheater zur Uraufführung gelangte.

Ein Kinderzimmer wird zum Ort der Erinnerung und Abrechnung mit dem Zweiten Weltkrieg. Die Mädchen Hanne (Martina Spitzer) und Elfi (Doina Weber) schlüpfen abwechselnd in die Rollen von sechs Soldaten, von denen einer bezeichnenderweise Adolf heißt, bringen eine russische Agentin und eine Krankenschwester als Objekte der Begierde ins Spiel und treiben ziemlich frühreife Spiele von Macht und Unterwerfung, ein sexueller Missbrauch wird angedeutet. Im Hintergrund sieht man auf einer erhöhten Spielebene die Mutter und den Liebhaber, deren leidenschaftliches Schäferstündchen vom heimkehrenden, kriegsinvaliden Vater jäh unterbrochen wird.

Krieg und Gewalt gibt es auch heutzutage noch genug auf der Welt, und dass Kinder durch Rollenspiele erlebte Angst verarbeiten, ist psychoanalytisch State of the Art. Warum die Autorin Anna Pein, Jahrgang 1957, ihr Stück, das beständig zwischen Groteske und Familiendrama pendelt, jedoch am Zweiten Weltkrieg festmacht, bleibt ein Rätsel. Als Vergangenheitsbewältigung kommt das Stück jedenfalls um mindestens 50 Jahre zu spät.

Die Regie von Katrin Schurich betont die bizarren Seiten des Textes, der oft am Rande des Erträglichen wandelt. Einen Großteil der Spannung erhält die Aufführung durch das geniale Bühnenbild (Ausstattung: Stefanie Stuhldreier; Bühnenbau: Kurt Frauendorfer, Gyuri Littasy), das die kleine Bühne des KosmosTheaters in mehrere Spielebenen aufteilt.

Brigitte Suchan, Wiener Zeitung, 18.09.2008
Mädchenzimmer mit Soldaten

Eine Abrechnung mit dem 2. Weltkrieg samt irrwitzig schwarzem Humor. Bis 4. Oktober im KosmosTheater.

Martina Spitzer und Doina Weber als pubertierende junge Mädchen. Wenn Frauen mittleren Alters auf der Bühne pubertierende Mädchen spielen, kann das entweder furchtbar in die Hose gehen oder es wird so großartig gespielt, dass es eigentlich nicht auffällt. Im Fall von Doina Weber und Martina Spitzer in "Mädchenzimmer mit Soldaten" ist nach einer anfänglichen - vielleicht auch Premierenstress-bedingten - Einspielungsphase von Peinlichkeit keine Spur. Meist wirken sie dabei authentisch. Jedoch kann diese ärgerliche Alterssache zum Problem werden, wenn die Mutter, dargestellt von Sonja Romei, deutlich jünger wirkt als die Kinder. So auch im gestern uraufgeführten Stück von Anna Pein, in der Inszenierung von Katrin Schurich. Die Intention, die hinter dieser Besetzung steckte, kam leider nicht ganz heraus.

Gut durchdacht war hingegen das Bühnenkonzept, das auch auf wenig Raum einen ganzen Kosmos voller Erinnerungen, Ängste, Fantasien, Unterbewusstem und Bewusstem schafft. Die Realität schimmert - hier durch einen durchsichtigen Vorhang - immer durch und hat Einfluss auf das Spiel der Mädchen. Wie ein Gespenst schwebt sie über ihren Köpfen.

Abrechnung

In "Mädchenzimmer mit Soldaten" verarbeiten Elfi und Hanne die Schrecken des Krieges in ihrem Kinderzimmer. Der brutale Vater ist im Krieg und die Mutter hat sich einen Neuen geangelt, einen einbeinigen Kriegsinvaliden. Währenddessen fantasieren sich die Mädchen in ein Lazarett und spielen mit verstellten Stimmen sechs verletzte Soldaten, die Krankenschwester Kunigunde, eine russische Spionin und andere Figuren ihres im Kinderzimmer ausgetragenen Krieges, und das mit außergewöhnlicher Ausdauer. Doch dann wird der Vater ins Lazarett eingeliefert und in einem Anfall von Rache wird ihm blutrünstig die Hand amputiert.

Plötzlich steht der Vater wirklich vor der Türe. Mit einer Portion irrwitzig schwarzem Humor wird hier von einer Sekunde auf die andere gelacht, nachgedacht und Liebe, Mitleid, Hass oder Ekel empfunden. Eine Abrechnung mit dem Krieg auf neue und ungewöhnliche Art und Weise.

Stella Reinhold, Kurier online, 18.09.2008
Im Nazipuppenland

Wien, 17. September 2008. Genauso altklug, so bitterlich abgeklärt, wie Hanna und Elfi zur Schlafenszeit in ihrem Kinderbett hocken, weiß auch ihre Puppe Liese das Sommerkleid für den Puppenpeter zu schürzen. Die kennt auch das Kommunikationspotential vom Hitler-Gruß. Und für den väterlichen Lustgewinn, da müssen sie sich schon mal anpissen. Grundsätzlich kann auch ihre Liese dem Peter entgegenfloskeln: "Mit Speck fängt man Mäuse!". Im überdimensionierten Bett neben der haushohen Puppenstube sitzen mit Martina Spitzer (Hanna) und Doina Weber (Elfi) zwei Schauspielerinnen, die ihre Lebensmitte schon hinter sich gelassen haben. Der hinüber gesandte Gut-Nacht-Kuss ihrer ungleich jungspundigeren Mutter (Sonja Romei) fällt also in mehrerer Hinsicht unverhältnismäßig aus

Funkelnde Sterne am Symbolfirmament

Mutter hat gerade das adrette Abendkleid für ihren kriegsversehrten Nachtbesuch, Josef – Invalide, Rente, Ordensehre – fertig geklöppelt. Der chauvinistische Vater ist an der Front. Der Krieg schafft eben Notstände, über die in Erwachsenenkreisen wohlwollend hinweg geschwiegen wird. Hanna und Elfi fischen aber unbedarft die böse-funkelnden, humorvoll-verzerrten Sterne vom Symbolfirmament des Endsiegs herunter: Sie haben sich ein Lazarett mit sechs kampfgeschundenen, deutschen Möchtegern-Kriegern und ihren Erlebnissen zusammengedacht. Für Günther, Adolf, Waldemar und Konsorten also fallen die Mädchen in den dumpfkehligen Duktus eines Verletztenverbandes, und sitzen in eingeschworener Herrenrassen-Manier am Kopfende ihres Bettes. Sie faseln von Mutterstolz, fantasieren das Begehren von der Krankenschwester herbei. "Alle mal herhörn! Jeder von euch pinkelt jetzt einmal in meine Ente!" faucht Elfis Adolf schneidig: Kriegsrandgestalten müssen die Vaterlandsliebe eben im Latrinengang beweisen. Für die Fantasie der Unkinder ist jeder Realitätsgewinn ein Segen. Deswegen drehen sie auch solange an ihren Figuren, bis sie zum Abziehbild der männerdevoten Mutter, dem Lover, oder ihrem, dem Germanenideal nachhinkenden Vater gereichen.

Unheimeliges Einfühlungsvermögen

"Mädchenzimmer mit Soldaten" von Anna Pein (Jahrgang 1957) hatte sich 2007 mit seiner Gratwanderung zwischen unheimeligem Einfühlungsvermögen und brachialem Bildwitz für eine Nominierung zum Heidelberger Stückemarkt empfohlen. Das Erstlingsstück der Autorin kann dabei getrost als vielschichtig bezeichnet werden: Video, Puppen- und Schauspiel treffen auf eine Sprachtextur, die genau dort in die Folklorekiste aus Reimen und Liedern greift, wo ein ansonsten dichter, temporeicher Text einer atmosphärischen Floskeldekonstruktion bedürfte. Mit seiner Uraufführung eröffnet das Wiener Kosmostheater, eine junge Off-Bühne mit genderspezifischem Schwerpunkt, die Theatersaison, die laut Intendantin Barbara Klein das Thema Krieg mit allen sozialen Missverhältnissen "aus weiblicher Sicht betrachten" wird. Hanna und Elfi sind damit wohl letztlich die dunklen, zurückgehaltenen Kinderkeimzellen jener unbedarften Almresi, die mit Augenaufschlag, Andacht und Stolz die Manneskraft in der Nachkriegsfilmnatur reinstallieren musste.

Zwischen Depri-Altnazis und Speed-Führern

Die beiden dürfen sich dafür unter Regisseurin Katrin Schurich ordentlich ihre heile Kinderwelt versalzen: Hanna und Elfi feixen, statt zu kichern. Sie lassen entsprechend der Kriegsrealität Dialekte aus Berlin, München oder der Steiermark aufeinanderprallen. Ihr Schulterklopfen fällt ebenso deftig aus, wie die burschikosen Polsterbegattungsrituale, die zur Begleitung sexueller Hirngespinste vollzogen werden. Als Orchestrierung stehen die leidenschweren Ausschweifungen der Spielzeuge zur Verfügung, die Puppenprinzipalin Karin Bayerle gestaltete und die auch von ihr geführt werden. Ihnen gegenüber hat Schurich eine Elterngeneration aus Mutter (Sonja Romei), Josef (Michael Smulik) und dem heimkehrenden Vater (Christian Strasser) positioniert, die in Kurzintermezzi auf ihren Gesellschaftsidealen entlang schlittert. Alle dabei vergrabenen Gefühlsregungen – die Hoffnung, die Scham, die Brutalität, die Gebrochenheit – versammeln dafür Doina Weber und Martina Spitzer zu einem Gestaltenchor zwischen Depri-Altnazis und Speed-Führern. Trotz des großartigen Triumvirats aus Regie, Ensemble und Ausstattung (Stefanie Stuhldreier) krankt der Stoff aber letztlich am ausgesparten Jetzt-Bezug. Anna Pein hat ihr Stück penibel in die vielfach dekonstruierten, historischen Wunschwelten des Nationalsozialismus gesetzt. Doch wirkt die Sozialkritik spröde beim Konsum.

Georg Petermichl, nachtkritik.de, 18.09.2008
www.nachtkritik.de
 


© by Bettina Frenzel

Termin(e)
  • Mi,  17.09.2008   20:30
  • Do,  18.09.2008   20:30
  • Fr,  19.09.2008   20:30
  • Sa,  20.09.2008   20:30
  • Mi,  24.09.2008   20:30
  • Do,  25.09.2008   20:30
  • Fr,  26.09.2008   20:30
  • Sa,  27.09.2008   20:30
  • Mi,  01.10.2008   20:30
  • Do,  02.10.2008   20:30
  • Fr,  03.10.2008   20:30
  • Sa,  04.10.2008   20:30
    VeranstalterIn
  • KosmosTheater
    Preis
  • EUR 16,- | erm. EUR 13,- | KosmosEuro EUR 1,-


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